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Veranstaltung
des Arbeitskreises Geschichte sozialer Bewegungen von unten Ost/West,
(Bernd Gehrke, Richard Herding, Willi Hajek, Renate Hürtgen)
Die vergessene Seite der Revolution: Arbeiterräte
und Selbstverwaltung in Polen und Ungarn 1956
Im Oktober 2006 jährt sich zum fünfzigsten Mal der
Aufstand in Ungarn 1956. Es ist davon auszugehen, daß es
eine Vielzahl von Veranstaltungen wissenschaftlicher und populärer
Art geben wird, die sich vor allem mit den politischen Erschütterungen
beschäftigen wird, welche die sogenannten Geheimrede von
Chruschtschow im März 1956 nicht nur in Ungarn ausgelöst
hatte. Im Mittelpunkt der zu erwartenden Erinnerungsfeiern werden
die Krise in der ungarischen Parteispitze stehen, die Ablösung
Rakosis durch Imre Nagy sowie die Rolle des Petöfi-Kreises
in Budapest. Von den im Oktober in Ungarn sich formierenden Massenbewegungen
wird erwartungsgemäß die Demonstration am 6. Oktober
1956 in Budapest hervorgehoben werden sowie die Studentenproteste
mit 200 000 Beteiligten am 23. Oktober.
Tatsächlich sind die Macht- und Fraktionskämpfe sowohl
in der ungarischen Kommunistischen Partei als auch der Polens
in ihrer Funktion für den Aufstand sowie die Studentenproteste
wichtige Faktoren für die Erklärung der ungarischen
Bewegung 1956. Dennoch wollen wir im Rahmen unserer Veranstaltung
versuchen, den Blick auf andere, in ihrer Bedeutung und Vielzahl
weniger erinnerte Tatsachen zu lenken. Zum einen ist es unser
Anliegen, den Zusammenhang zum Arbeiteraufstand in Posen und zur
Situation in der polnischen Arbeiterschaft überhaupt genauer
darzustellen, um so auch den außerhalb von Parteikrisen
bestehenden Kontext des Ungarnaufstandes im Ostblock herauszustellen.
Zum anderen wollen wir uns dem meist recht summarisch als "überall
im Land bildeten sich Arbeiterräte und Revolutionskomitees"
beschriebenen wohl einmaligen Ereignis in 40 Jahren sowjetischer
Vorherrschaft in diesen Ländern näher zuwenden. Was
wollten die Aufständischen, darunter viele Jugendliche, tatsächlich?
Was meinten sie mit der "Freiheit für Ungarn"?
Wie organisierten sie sich und woher kam der Eindruck, daß
das Szenario einem "Drehbuch" glich, so, als wäre
erst gestern die letzte Revolutionserfahrung gemacht worden? Es
geht nicht darum, einen Mythos aufzubauen, sondern durch den Blick
"von unten" auf die Geschichte jene Ereignisse von territorialen
und betrieblichen Selbstverwaltungsorganen in Erinnerung zu rufen
und nach den Folgen dieser Bewegungen zu fragen.
Ablauf: Einführung: Alltag im Stalinismus, anschließend
Film "Veras Erziehung", Regie: Gabor Pal, 1979, mit
Diskussion
Ort: Sonntag, 10 Uhr im Haus der Demokratie und Menschenrecht,
Greifswalder, Straße 4, 10405 Berlin, Havemann-Saal
Ablauf: 10 bis 12 Uhr: Räte und Basisbewegungen in Polen
1956; 13 bis 15 Uhr: Territoriale und Betriebsräte in Ungarn
1956; 15.30 bis 17 Uhr: 1956 und die Folgen
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